Als du nach einer nervenaufreibenden Nacht zurückkehrt, findest du eine gefaltete Zettelsammlung in deinem Briefkasten. Es sind einfache Notizzettel von einem DIN-A5 Block wie man ihn in Edeka-Supermärkten kaufen kann, geschrieben mit blauem Kugelschreiber, der offenbar manchmal Aussetzer hatte, in einer energischen Schrift, die vergleichsweise

"Liebe Ester,
du heißt doch wirklich Esther, oder? Oder ist das wieder so eine Blutsaugerscharade? Du wirst es bemerkt haben, ich bin dir gefolgt. Die anderen wollen von meinem Gerede nichts hören und alles an Blutsaugern und Konsorten abschlachten. Aber ich meine in dir noch einen Funken gutes erkannt zu haben. Du hast ein Kind, nicht wahr? Ein lebendes Kind? Vielleicht hat das einen Funken des Guten in dir bewahrt. Wahrscheinlich glaubst du, dass du bleiben musst, was du bist, aber vielleicht stimmt das nicht. Ich arbeite mit einigen Leuten zusammen und ich hatte die Gelegenheit, Einblick in ein altes Buch zu erhalten. Mittelalterlich, von einem italienischen Mönch. Hauptthema sind Schutzzeichen, Exorzismen und so. Und da fand sich auch ein Ritual, mit dem sich "Teufelsblut" austreiben lässt. Mein Latein tut sich zwar mit einem 900 Jahre alten Manuskript etwas schwer, aber ich glaube, dass dir das helfen könnte. Da war auch die Rede davon, dass viele Blutsauger bereits verloren sind und durch dieses Ritual vernichtet werden. Aber manche kann man retten, und ich glaube fest daran, dass du dazu gehörst. Und vielleicht ist dir klar, dass die Möglichkeit der Rettung für uns alles Verändern würde. Und einige Leute noch einmal über den blinden Haß nachdenken lassen würde, mit dem sie im Moment handeln. Das Ritual kann dir allerdings keiner aufzwingen. Du müsstest es wollen. Es heißt auch, dass jene, die in dem Ritual sterben, doch zumindest der ewigen Verdammnis ihrer Seelen entkommen und die Chance behalten ins Himmelreich einzugehen.
- Hannelore"

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Esther hat nicht geringsten Hauch einer Ahnung, wie sie weiter vorgehen soll, was von ihr erwartet wird. Schließlich bringen Jäger auch eine gewisse Gefahr mit sich. Diese Hanelore scheint ja soweit recht entgegenkommend zu sein. Aber die möglichen Konsequenzen (Tod durch das Ritual oder Tod, weil plötzlich die kainitsche Gesellschaft vor einem Angst bekommt) sind nicht gerade frohlockend.

Jedenfalls würde Esther versuchen in den nächsten Tagen mehr über sich und ihre kanitischen Triebe bzw. Schwächen herauszufinden. Z.B. wieso eigentlich die Tagruhe? Gelingt es einem nicht auch, sich zu beherrschen und nicht in die tägliche Ohnmacht zu fallen? Denn ganz ehrlich regenerieren tut der kainitische Körper ja jetzt nun nicht gerade, wie ein Mensch Schlaf brauchen würde. Des weiteren würde sie während ihrer Tagstunden in ihrer okkulten digitalen Bibliothek Recherchen anstellen zu den Stichpunkten Erlösung und Teufelsblut. Vielleicht stoplert die ja mal sogar auf das Wort Golgonda, keine Ahnung.

Du weißt zwar spontan nicht wieso (die assamitischen Bücher sind da auch unergiebig) aber die Tagruhe muss wohl sein - auch nur bis 10 oder 11 Uhr morgens wach zu bleiben ist ähnlich anstrengend wie als Mensch eine Nacht durchzumachen und in der Tat wird man von sowas auch etwas "unausgeschlafen". Einen kompletten Tag wach zu bleiben ist eine ziemlich fordernde Aufgabe.

Bei den Recherchen in der digitalen Bibliothek stößt du auf mehrere interessante Dinge. Zum einen scheinen Assamiten eine möglichst niedrige Generation anzustreben, unter anderem durch alchemistische Methoden aber, wo es möglich ist, wohl auch durch Diablerie an "bösen" Vampiren oder ähnliches. Damit scheinen sie auch auf eine Art Erlösung hinzuarbeiten.
Du findest aber auch Hinweise auf etwas, dass sich Golconda nennt und offenbar so ein bissle Anklänge vom buddhistischen Nirwana hat - augenscheinlich geht es dabei darum sowohl menschliche als auch bestialische Seite des vampirischen Seins irgendwie zu perfektionieren und in Einklang zu bringen und sich dann irgendwie selbst zu akzeptieren oder so ähnlich. Erleuchtet zu werden auf vampirische Weise. Angeblich soll damit eine große Befreiung von Zwängen, Ängsten und extremen Emotionen einhergehen und man soll so etwas wie nachhaltiges Glück erfahren. Es gibt da einen Bericht von einem Klanskollegen des Bibliotheksbesitzers, der da wohl mal eine längere Unterhaltung mit einem verbündeten Salubri hatte. Das ganze ist ziemlich hochtrabend und du bist dir nicht sicher alle vorkommenden Worte richtig gedeutet zu haben und ziemlich wahrscheinlich ist der Inhalt auch zumindest leicht verwirrend. Offenbar erreichen aber nicht viele Vampire Golconda, selbst unter den Salubri nicht.
Dann ist da noch das indische Manuskript, was Mercy ansatzweise übersetzt hat. Sehr freakiges Zeug, aber es geht wohl um einen Weg der Knochenblume, der zur Erleuchtung führen soll und es kommt eine metaphorische Geschichte vor, in der ein Typ sich in die Tochter eines Ebenholzdrachen verliebt, der Drache ihn aber mit einem Atem zu Staub macht, der sich in alle Winder zerstreut, aber irgendwie entsteht er aus Tränen der Tochter, die auf seinen Staub fallen neu und er erkennt die Vergänglichkeit und deren Scheinbarkeit oder so und lächelt und ist erleuchtet. Allerdings ist dir nicht klar, ob er jetzt die Tochter kriegt oder nicht, von daher ist das mal kein hollywoodtaugliches Ende.

Zu Teufelsblut findest du noch etwas über eine dunkle Bluttaufe, mit der Baali offenbar in der Lage sind, bestehende Vampire in ihre Blutlinie aufzunehmen und mit zusätzlichen Kräften zu segnen. In der arabischen Beschreibung dessen kommen einige Begriffe vor, die sich mit etwas Phantasie als Teufelsblut übersetzen lassen.

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