In Kanada angekommen konnte sie endlich die Freiheit spüren, die ihr in der Stadt gefehlt hat und auch wieder zu sich selbst finden. In Bonn verlor sie immer mehr den Bezug zu ihrem Tier und ihrem Drang nach Freiheit. Sie fügte sich schon beinahe dem Stadtleben, auch wenn sie ihr eigenes Revier hatte, und das lag nun so garnicht in ihrem Sinne.
In den ersten Tagen reiste sie in Wolfsgestalt zusammen mit Rutgar durch Kanada. Sie durchstreiften die Tundra zusammen und trennten sich nach ein paar Tagen. Sie machten aus, sich in ein paar Wochen hier in der Tundra zu treffen und zusammen zurückzureisen.
Mercy blieb nie lange an einem Ort, sie lief meistens die ganze Nacht hindurch, durch riesige Wälder, und der Polarwüste. Am Tage suchte sie sich Höhlen in denen sie sich in Wolfsgestalt schlafen legte, grub sich Höhlen in Eis und Schnee oder suchte sich einfach nur ein Fleckchen Erde.
Manchmal wünschte sie sich, sie hätte Gregor mitgenommen. Ihm hätte diese Reise bestimmt auch gut getan. Aber dann schien es ihr doch besser gewesen zu sein, alleine zu reisen – allein schon wegen Rutgar und weil sie einfach mal wirklich Ruhe brauchte.
Zwischendurch bemerkte sie, dass Wölfe sie beobachteten. Sie schienen neugierig, aber gleichzeitig überaus vorsichtig zu sein. Selbst wenn Mercy seit mehreren Wochen nur in Wolfgestalt reiste, schienen sie zu bemerken, dass sie nicht nur ein Wolf ist...
Zuletzt geändert von Mercy am Di 12. Jul 2011, 16:24, insgesamt 1-mal geändert.
Die Zeit war wirklich eine Offenbarung. Kein Gequassel, keine Politik, keine Autos, keine Gesetze. Nur die Natur selbst, und was für eine. Majestätische Berge, weite Nadelwälder, offene Tundra. Und nicht dieses verwässerte, antibiotikageschwängerte Tierblut aus den Blutbars oder das fettige, ungesunde Blut der Stadtmenschen, verpestet von Medikamenten und Umweltgiften. Sondern richtiges Blut, selbst erjagt, das einen würdigen, adrenalingeladenen Abschluss für eine Jagd bietet.
Die Wölfe schienen dir noch nicht recht zu trauen, aber dir fällt auf, dass dir das Rudel offenbar folgt - vielleicht interessieren sie sich für die von dir übrig gelassenen Kadaver. Dir dürfte die Jagd deutlich leichter fallen als einem normalen Wolf und bei dem Blutbedarf wirst du einiges an frischem Aas hinterlassen. Und das scheint gerade das fragliche Rudel bequem durch die letzten kalten Monate zu bringen.
Nicht nur ihr, auch ihrem Tier verhalf diese Reise zu neuer Energie. Sie lebte mit dem Tier im Einklang, so wie sie es noch nie getan hatte. Es verlangte nicht nach Freiheit, es lebte sie. Nicht so wie in der verpesteten Stadt, in der sich ihr innerstes aufbäumte.
Mercy versuchte mit dem Rudel nach und nach Kontakt aufzunehmen, sie verringerte den Abstand zu ihnen, hinterließ hier und da einen noch blutigen Kadaver extra. Sie legte sich ab und an abseits des Kadavers hin und beobachtete die Reaktion des Rudels.
Nach einer Weile kommen die, beäugen die Szene mißtrauisch und sind erstmal eher scheu. Andererseits ist der Geruch des frischen Fleisches schon verlockend. Und da dauert es nicht lang, bis der erste, vorwitzige Wolf sich an den Kadaver wagt. Und wenn du ihnen die Beute nicht streitig machst, sind dann bald alle am Fressen bzw. balgen sich leicht, entsprechend der Rangordnung, ums Essen. Dir schenken sie in dem Moment kaum Beachtung.
Ich bleibe vorerst liegen, robbe mich aber nach und nach immer ein Stückchen näher und gebe durch aufgestellte Ohren und wedelnder Rute bekannt, dass ich weder Angst habe noch aggressiv bin.
Nach einer Weile kommt dich mal einer der Wölfe beschnuppern, wenn auch eher vorsichtig. Sie scheinen allmählich Zutrauen zu dir zu gewinnen.
Da du ja auch Tiersprache verstehst und selbst von dir gibst, erfährst du bald folgendes von ihnen:
Sie hatten woh gegen mitte der kalten Jahreszeit Pech, weil eine ihrer besten Jägerinnen beim Versuch eine Herde des örtlichen Rentieräquivalents anzugreifen schwer verletzt wurde und wenig später starb. Seitdem waren sie eher vorsichtig. Und im Winter ist es ja eh immer schwierig. Und dann war da auch mal ein Mensch mit einem Gewehr... Glücklicherweise gab es da nur einen verletzten Wolf, der es dann auch überstanden hat, aber diese Menschen mit ihren Knallbüchsen sind ihnen schon schwer unheimlich. Das war auch ein Grund dafür, dass sie dir gegenüber ziemlich mißtrauisch waren, denn trotz Formwandel hast du einfach auch einen Hauch menschlichen oder menschenähnlichen Geruchs an dir. Sie sind aber ganz froh über dich jetzt paarmal gutes Fleisch bekommen zu haben. Was sie allerdings wundert, ist, dass die ihnen überlassenen Kadaver nichtmehr sonderlich viel Blut haben. Aber seis drum, essen kann man es gut. Umgehend signalisieren sie dir, dass sie dich mögen und du auch durchaus willkommen wärst, mit dem Rudel zu ziehen.
In der Tat findest du nur 2 Tage später eine menschliche Spur. Offenbar 3 Menschen, sind hier vor einigen Stunden vorbei gekommen. Sie trugen festes Schuhwerk.
Dieser Spur folge ich und lasse das Rudel weiter entfernt folgen. Vielleicht kann einer der Wölfe mir anhand des Geruches bestätigen, ob es die Menschen sind, die sie angegriffen haben.
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